iOS 17 ab Montag für alle: Sollte ich als VoiceOver-Nutzer sofort aktualisieren?

Am Montag ist es nach einer rund dreimonatigen Testphase endlich so weit und iOS 17 wird für alle Nutzer freigegeben. Gerade die Major-Versionen warten aber neben verlockenden neuen Funktionen nicht selten auch mit ein paar Bugs auf, die für viele auch ein Ausschlusskriterium für eine schnelle Aktualisierung darstellen können. In diesem Artikel gehe ich daher kurz auf einige Fehler und seltsame Verhaltensweisen ein, die mir seit der Nutzung der finalen Vorabversion im Alltag aufgefallen sind.

Erhebliche Verschlechterung der Vocalizer-Stimmen

Wenn man mehrere Stunden am Tag mit dem iPhone und VoiceOver arbeitet und dabei die Sprachausgabe verwendet, ist es wichtig, eine gut verständliche Stimme zur Hand zu haben. Wer bisher auf die erweiterten Versionen der Vocalizer-Stimmen wie Anna, Petra, Viktor oder Yannick setzt, wird sich mit iOS 17.0 an einige unschöne Veränderungen gewöhnen müssen. Insbesondere Anna erweitert scheint der deutschen Sprache nicht mehr vollumfänglich mächtig zu sein und erfindet nebenbei amüsante neue Wörter wie "Blödsauerstoff" anstelle von "Blutsauerstoff" in der Health-App oder "Kanstler" statt "Künstler" an einigen Stellen in der Musik-App. Leider lassen sich diese Aussprache-Fehler auch nicht mit dem Aussprache-Wörterbuch in den VoiceOver-Einstellungen ausmerzen. Zu hoffen bleibt also, dass Apple hier schnell nachbessert.
An den seit iOS 16 bestehenden Problemen, etwa der Zahlen-Schwäche von Viktor und Yannick, hat sich indes nichts geändert. Die einzigen Stimmen, die weiterhin verständliche Sprache hervorbringen, bleiben die kompakten Varianten aller Vocalizer-Stimmen oder die ersten zwei Siri-Stimmen.

Einige Braille-Bugs

Für all jene, die ihr iPhone lieber in Kombination mit einer Braillezeile verwenden, ist ebenfalls Vorsicht geboten. Häufig verbinden sich Braillezeilen nicht zuverlässig, was sich aber glücklicherweise in meinem Fall mit dem Aus- und wieder Einschalten von Bluetooth beheben ließ.
Darüber hinaus kursierten über den gesamten Testzeitraum von iOS 17 zahlreiche Berichte über diverse Probleme mit der Braille-Eingabe und dem -Panning mit unterschiedlichen Braillezeilen. Ich verwende eine Focus 40 Blue der fünften Generation, hier funktioniert die Eingabe in Computer-Braille mit der Systemtabelle problemlos, auch das Panning verursacht keinerlei Probleme. Nutzt ihr eine andere Braillezeile, lohnt es sich sicher, noch einmal bei AppleVis nachzuschauen, ob mit dem entsprechenden Modell noch Fehler auftauchen.
à propos Computer-Braille: Falls ihr euch schon gefreut habt, Apps jetzt schnell mit der Braillezeile zu öffnen, indem man den Namen einfach auf dem Home-Bildschirm eingibt, müsst ihr euch noch bis zu einem Bugfix gedulden. Dieses Feature lässt sich gegenwärtig nur mit 6-Punkt-Braille oder Kurzschrift nutzen. Nutzt man hingegen Computer-Braille als Eingabetabelle, erscheint nur eine Liste aller Apps, egal, welchen App-Namen man eingibt.
Ein weiterer Fehler betrifft den Aufruf der Mitteilungszentrale. Möchtet ihr diese innerhalb einer App mit DOT 4-6 CHORD aufrufen, springt der Fokus leider immer wieder zurück in die aktuell geöffnete App. Als Workaround hilft hier manchmal, DOT 4-6 CHORD einfach noch einmal zu drücken, um den Fokus auf die Uhrzeit in der Mitteilungszentrale zu bewegen. Funktioniert das nicht, hilft leider nur ein Fingertipp auf das iPhone-Display. Wer sein iPhone also ausschließlich über die Braillezeile bedient, sollte es mit iOS 17.0 auf jeden Fall immer griffbereit haben.
Selbiges gilt auch für das Entsperren mit einem Passcode: Wird ein alphanumerischer Code verwendet, kann dieser nicht über die Braillezeile eingegeben werden. Das iPhone bequem in der Tasche lassen ist mit iOS 17 also erst einmal nicht möglich.
Wer häufig die Suchfunktion über die Braillezeile verwendet, wird mit iOS 17 vorerst ebenfalls keine Freude haben. Drückt man nach Eingabe des Suchbegriffs DOT 8 CHORD, passiert nichts.

iMessage mit zahlreichen Problemen

Wer häufig in iMessage unterwegs ist, sollte von einer zügigen Aktualisierung auf iOS 17 besser absehen. Häufig lassen sich Audionachrichten nicht mit VoiceOver abspielen, das Versenden von Audionachrichten dauert mehrere Minuten oder die App selbst reagiert einfach nicht mehr.
Wer sich darauf gefreut hat, mit iOS 17 Transkriptionen von Audionachrichten zu erhalten, muss leider auf einen Bugfix warten. Das Feature ist bisher mit VoiceOver überhaupt nicht zugänglich, zumindest konnte ich es nicht zum Laufen bringen. Stattdessen hört man bei jeder Audionachricht nur den Hinweis, dass kein Transkript verfügbar sei.

Apps anordnen funktioniert nicht zuverlässig

Wer seinen Homescreen aufräumen und Apps daher neu anordnen möchte, sollte mit dem Update ebenfalls noch etwas warten. Statt Apps vor oder nach einer anderen App zu anzuordnen, wie es die Rotoraktionen suggerieren, wird nicht selten einfach ein neuer Ordner erstellt. Manchmal fehlen auch die Rotoraktionen zum Platzieren der App gänzlich und man muss das Bewegen von Apps abbrechen und es erneut versuchen.

Fehlerhafte Beschriftungen und Ansagen im Kontrollzentrum

Das Kontrollzentrum ist die zentrale Anlaufstelle für viele systemweite Schnelleinstellungen. Leider sind einige dieser Elemente häufig mit einer nichtssagenden Beschriftung versehen oder es sind Optionen mit VoiceOver ansteuerbar, die visuell gar nicht vorhanden sind. Ein gutes Beispiel ist die Taschenlampe, die ihre eigentlich hinter Haptic Touch verborgenen Aktionen VoiceOver-Nutzern direkt offenbart.
Für die Beschriftungsproblematik gibt es glücklicherweise einen Workaround. Ein Entfernen und anschließend erneutes Hinzufügen des Steuerelements in den Einstellungen unter Kontrollzentrum sorgt dafür, dass wieder die gewohnte Beschriftung ausgegeben wird.
Ein weiteres Problem im Kontrollzentrum betrifft den Lautstärke-Regler: Ändert man hierüber die Lautstärke mit einem Wisch nach oben oder unten mit einem Finger, liest VoiceOver den falschen Wert vor. Die Lautstärke wird aber wie gehabt um 10% erhöht bzw. verringert.

Mein Fazit

Produktiv nutze ich iOS 17 seit dem 13. September auf einem iPhone 13. Meinen Workflow kann ich bisher ganz gut damit bewältigen. Besonders frustrierend sind für mich die diversen Probleme in iMessage, da insbesondere im privaten Umfeld hauptsächlich darüber kommuniziert wird. Auch einschneidend sind die vielen Braille-Fehler, die das Nutzungserlebnis manchmal erheblich ruinieren können. Gerade das schnelle Entsperren des Geräts mit der Eingabe des Passcodes über die Braillezeile, wenn es mal nicht in meiner Nähe liegt oder gerade in der Tasche ist, fehlt mir besonders. Zurzeit muss ich immer das iPhone erst zur Hand nehmen und dann mit Face ID entsperren, bevor ich es zur Seite legen und dann mit der Braillezeile weiterarbeiten kann.
Für mich nicht ausschlaggebend aber dennoch etwas schade ist, dass man einige Funktionen in bestimmten Konstellationen zurzeit nicht nutzen kann, etwa das schnelle Öffnen von Apps mit der Braille-Eingabe. Wichtig anzumerken ist, dass diese Aufzählung von Problemen nur meine Erfahrung widerspiegelt. Betrachtet man die zahlreichen weiteren Fehler in diesem Artikel von AppleVis, die mich glücklicherweise bisher nicht betreffen, würde ich im Allgemeinen dazu raten, iOS 17.0 zu überspringen und auf das nächste größere Update (iOS 17.1) zu warten. Ich berichte hier natürlich auch wieder, ob und welche Fehler damit behoben wurden.